Eine Kampagne wird zum Imageproblem für Scholz & Friends


Eine Imagekampagne ist Teil einer Marketingstrategie und hat beispielsweise das Ziel, ein Unternehmen, ein Produkt oder eine Marke auf dem Markt zu positionieren sowie deren Bekanntheitsgrad und die Beliebtheit zu erhöhen. Im Idealfall beauftragt hierfür das jeweilige Unternehmen eine Agentur mit der Konzeption einer entsprechenden Kommunikationsstrategie.

Imagekampagnen sollen positive Effekte für das Unternehmen und seine Produkte erzielen

Im konkreten Fall wurde die Werbeagentur “Scholz & Friends Berlin” für die Steakhouse-Kette “Maredo” tätig und entwarf das Motiv eines gegrillten Stückes Fleisch, auf welchem der Text “Wenn man Tiere nicht essen soll, warum sind sie dann aus Fleisch?” eingebrannt ist. Mit diesem Motiv gewann die Werbeagentur im Jahr 2008 den Silbernen Preis im Wettbewerb des Art Directors Club.

Gut gemeint ist nicht gut gemacht: Das Problem mit der Wirkung von Imagekampagnen auf den Konsumenten

Doch nun inhäriert ein guter Wille nicht notwendigerweise einen positiven Erfolg der Imagekampagne. Denn offenbar war das obige Motiv nicht der einzige Entwuf, da derzeit im Netz eine  Variante mit dem Text “Tofu ist schwules Fleisch” bzw. “Tofu is gay meat” kursiert. Auch dieses Motiv soll aus der Feder von Scholz & Friends stammen, trägt aber deutliche homophobe Züge.  Der Claim “Tofuschwuchtel” diskriminiert Lesben und Schwule.

Inzwischen schlagen die Wellen der Empörung innerhalb der Netzgemeinschaft hoch – auch die Politik positioniert sich gegen diese Kampagne:

“Das Motiv ist homophob und spielt mit antihomosexuellen Vorurteilen. Schwule seien keine richtigen Männer, Lesben keine richtigen Frauen, Tofu kein richtiges Fleisch und wer so etwas denkt ist demokratisch nicht ganz bei Trost. In einem Brief an den CEO von Scholz & Friends, Herrn Frank-Michael Schmidt, habe ich deutlich gemacht, dass dafür eine Entschuldigung und ein Beitrag in die Chauvi-Kasse fällig ist. So eine Entgleisung darf einer der führenden Marketing-Agenturen in Deutschland nicht unterlaufen. Ich erwarte eine aktive Wiedergutmachung, etwa in Form einer Spende an die Hirschfeld-Eddy-Stiftung oder durch eine kostenlose Beteiligung an einer Kampagne gegen Homophobie und Ausgrenzung.” (Volker Beck, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer und menschenrechtspolitischer Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen)

Eine zeitnahe Krisenkommunikation ist unabdingbar für die Reputation des Unternehmensimages

Zwar ist die Kampagne in ihrer Wirkung erfolgreich und sie verbreitet sich wie ein virales Lauffeuer durch das Internet, allerdings zu Ungunsten des Images der Steakhouse-Kette, da das Motiv deren Logo trägt. Nun folgt also notwendigerweise der zweite Teil: Die Krisen-PR der Öffentlichkeitsarbeit. Das Ziel ist es nun, mögliche zu erwartende Reputations- und Vertrauensverluste zu minimieren und das Unternehmensimage positiv zu beeinflussen.

Maredo geht derzeit den aktiven Weg und verweist direkt auf der Startseite auf folgende Stellungnahme:

Dies war, ist und wird niemals Werbung unseres Hauses. Vielmehr war dies ein Wettbewerbs-Beitrag einer Werbeagentur, den wir nie beauftragt oder genehmigt haben. Wir distanzieren uns ausdrücklich von diesen Inhalten.

Zum Hintergrund:
Im Jahr 2008 ist die Agentur Scholz & Friends, Berlin unaufgefordert an uns herangetreten. Sie beabsichtigte an einem kreativen Agenturwettbewerb teilzunehmen und wollte sich dazu gerne mit dem Thema MAREDO beschäftigen. Es war nie beabsichtigt, die evtl. entstehenden Motive für Werbung einzusetzen, eine Beauftragung seitens MAREDO ist nie erfolgt. Im Laufe der Entwicklungsarbeit haben wir zwar einige Entwürfe der sogenannten „Brandeisenkampagne“ gesehen, darunter befand sich jedoch nicht der Entwurf mit homophobem Inhalt.

Erst im Nachgang in 2009 haben wir dann erfahren, dass auch das hier in Frage stehende Motiv von der Agentur entwickelt und im Agenturwettbewerb eingereicht wurde. Wir haben daraufhin Scholz & Friends seinerzeit sofort aufgefordert, jeden weiteren Einsatz zu unterlassen und mögliche Veröffentlichungen zu stoppen. Dies wurde uns von der Agentur Scholz & Friends ausdrücklich im Mai 2009 zugesichert. Sie hat sich darüber hinaus für nicht abgestimmte Motive und deren Nutzung entschuldigt.

Dass die Motive aktuell wieder im Web auftauchen, ist uns unerklärlich. Wir gehen dem immer sofort nach und haben zudem neben unseren eigenen Anstrengungen parallel die Agentur erneut aufgefordert, jede Verbreitung der Kampagnenmotive zu stoppen und eine umfassende Löschung vorzunehmen.

Mit dieser ausführlichen und ungewöhnlichen Stellungnahme hat das Unternehmen den Druck auf die Werbeagentur Scholz & Friends massiv erhöht, auf der nunmehr der Schwarze Peter liegt. Doch Scholz & Friends lässt sich derzeit noch nicht zu einer Stellungnahme hinreißen. Auch das ist ungewöhnlich – hier sollte unbedingt sehr kurzfristig und zeitnah eine entsprechende Erklärung veröffentlicht werden.

Fazit für Maredo: Erfolgreiche PR-Kampagne mit viralen Zügen und hoher Reichweite, Image gerettet. Für Scholz & Friends gilt: Irgendwann stolpert jeder über seine Kellerleichen. 

Nachtrag vom 31.03.12: Inzwischen hat sich die Agentur Scholz & Friends für das homophobe Motiv entschuldigt und entwickelt eine kostenlose Kampagne für die Hirschfeld-Eddy-Stiftung, die sich für die Menschenrechte von Lesben und Schwulen einsetzt.

“Dass vor über drei Jahren unter der Schwelle der Aufmerksamkeit des Scholz & Friends-Vorstands und glücklicherweise auch der Öffentlichkeit ein Einzelmotiv entwickelt wurde, das unseren Grundüberzeugungen widerspricht, bedauern wir zutiefst.” (Frank-Michael Schmidt, CEO der Scholz & Friends Group)

Während die Werbeagentur ihre Reputation wiederherzustellen versucht, reagiert nun Maredo auf eine Weise, die überzogen zu sein scheint: Sie schickt an die Websites, die diesen Vorgang dokumentieren und die betroffenen Bilder veröffentlichen, eine Klageandrohung.

Bildquellen: http://highsnobiety.com/columns/philipgaedicke/2009/04/27/art-directors-club-berlin/