Ursachen und Entstehung von Lampenfieber


Wahrscheinlich kennen Sie das auch: Sie möchten sich mit einer guten Idee erfolgreich präsentieren oder vor einem Publikum eine Rede halten. Doch Lampenfieber und Redeangst schnüren Ihre Kehle zu und Sie fühlen sich unsicher. Vielleicht erleben Sie die Konfrontation mit einem größeren Publikum im beruflichen oder privaten Alltag manchmal als Qual. Doch warum ist das so? In dieser dreiteiligen Beitragsreihe beleuchten wir die Hintergründe des Lampenfiebers. Teil 1 beschäftigt sich mit den Ursachen und Entstehungstheorien.


Von Lampenfieber ist fast jeder von uns betroffen

Höchstwahrscheinlich hat sie jeder von uns schon einmal erlebt: Sei es bei einem Referat an der Schule oder Hochschule, einer Präsentation vor Geschäftspartnern oder bei einem öffentlichen Auftritt. Wir spüren die Angst vor dem Versagen, die auftretende Unsicherheit, das Zittern der Hände und Beine. Selbst professionelle Sprecher oder Musiker sind vor ihr nicht sicher und oftmals von Ängsten geplagt.

Lampenfieber, auch Redehemmung oder Sprechangst genannt, ist in unserer Kultur weit verbreitet. In einer aktuellen Erhebung gaben mehr als 90% der Befragten an, unter den Auswirkungen dieser Angst zu leiden – somit tritt Lampenfieber häufiger auf als beispielsweise Höhenangst oder die Angst vor Spinnen und Tieren. Daher ist es nicht ungewöhnlich und eher der Normalfall, dass Sie selbst die Auswirkungen spüren. Sprechangst ist nahezu generell, bestimmte Kommunikationssituationen führen (fast) immer zu erhöhter Aktivierung.

Lampenfieber entsteht nicht aufgrund genetischer Veranlagung

Manche eng mit der Sprechangst zusammenhängenden Charaktereigenschaften gelten als genetisch veranlagt, beispielsweise ob wir eher introvertiert oder extrovertiert sind. Introvertierte Menschen sind von ihrer Grundeinstellung eher reserviert, ungesellig, ruhig und passiv, sorgfältig, bedächtig und friedlich. Personen mit dieser Charaktereigenschaft tendieren im Umgang mit ihren Mitmenschen eher zur  Verlegenheit oder Schüchternheit und haben eine erhöhte Wahrscheinlichkeit zur allgemeinen Angstneigung.

Doch auch wenn diese Charaktereigenschaften genetisch determiniert sind, kann nicht der Rückschluss gezogen werden, dass unsere Gene an der Sprechangst oder dem Lampenfieber Schuld sind. Vielmehr wird der Einfluss genetischer Faktoren als eher gering eingeschätzt, bedeutend wichtiger ist die Sozialisation, also die Entwicklung und Herausbildung der eigenen Persönlichkeit durch die Interaktion mit der sozialen Umwelt und den Mitmenschen.

Sprechangst zählt zur Klasse der sozialen Ängste, was bedeutet, dass sie erst in einer sozialen Situation entsteht, in der mindestens zwei Personen sich gegenseitig wahrnehmen.

Mangelnde Erfahrungen in Redesituationen können eine Ursache für das Entstehen von Lampenfieber sein

Im Verlaufe unserer Sozialisation haben wir insbesondere im Kindesalter prägende Erfahrungen gemacht, die unser Verhalten auch im späteren Alter weiterhin bestimmen. Denken Sie an ein Kind, das in der Grundschule ein Gedicht aufsagen muss und dabei so viele Fehler macht, dass es von den Mitschülern ausgelacht wird. Das Kind wird diese Situation als sehr unangenehm empfinden und aufgrund der negativen Konsequenzen diese und ähnliche Situationen in Zukunft vermeiden.

Solche Erfahrungen der frühen Kindheit werden internalisiert und bei der Einschätzung von Verhalten und Situationen zugrunde gelegt. Das Kind hat gelernt, dass das Sprechen vor einem Publikum zu negativen Erfahrungen führt, es wird weiterhin durch das Vermeidungsverhalten gar nicht die Möglichkeit haben, das Reden vor anderen Menschen zu üben und die entsprechenden kommunikativen Fähigkeiten herauszubilden.

Sozialpsychologische Befunde zeigen, dass Sprechängstliche häufiger bestraft – Auslachen kann eine Form der Bestrafung sein – und weniger in ihrem kommunikativen Verhalten bestärkt wurden als Nicht-Sprechängstliche. Die Folgen sind mangelnde Sprecherfahrungen und Vermeidungsverhalten, Selbstzweifel sowie die Angst vor der Ablehnung der eigenen Person.

Sprechängstliche Personen unterschätzen ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten

Jeder von uns hat ein Bild von sich selbst, wir können unsere Fähigkeiten und Fertigkeiten, unsere Stärken und Schwächen einschätzen. Führen Sie sich wieder das Kind aus unserem obigen Beispiel vor Augen. Möglicherweise wird es sich als erwachsene Person in Bezug auf die eigenen kommunikativen Fähigkeiten als eher negativ einschätzen, da es häufig Redesituationen vermied. Welche Auswirkungen hat nun diese negative Selbsteinschätzung hinsichtlich der Ausprägung der Sprechangst und des Lampenfiebers?

Zwar gelten tatsächliche und objektiv vorhandene kommunikative Unzulänglichkeiten als eine der Ursachen von Sprechangst. Doch Psychologen haben in einem wichtigen Experiment nachgewiesen, dass schon allein die subjektive Einschätzung der eigenen Unzulänglichkeiten ausreicht, um Sprechangst hervorzurufen. Ihr eigenes kognitives Bild von sich selbst bestimmt also mit, ob und wie stark Sie unter Sprechangst leiden.

Das Experiment verdeutlicht weiterhin: Sprechängstliche unterschätzen ihre tatsächlich vorhandenen Leistungen und Fähigkeiten, sie bewerten sich selbst in ihrer Eigenwahrnehmung viel negativer als es eine außenstehende Person tun würde und halten das Publikum für weniger positiv gestimmt als Nicht-Sprechängstliche.

Angst vor dem Publikum ist eine zentrale Eigenschaft des Lampenfiebers

Im Besonderen haben Sprechängstliche oftmals eine deutlich ausgeprägte Angst vor der Beurteilung und der Kritik von anderen, Angst vor Fehlern und Fehlschlägen, sie spüren ein Gefühl der Isolation (Einer gegen Alle) und der Fremdheit des Publikums. Lampenfieber beruht dementsprechend nicht notwendigerweise auf einer Angst vor dem Reden, sondern eher auf einer Angst vor der Bewertung der eigenen Leistung durch das (potentiell negativ gestimmte) Publikum sowie der daraus resultierenden Befürchtung, als Person abgelehnt zu werden.

Zunächst können wir also festhalten, dass Sprechängstliche weder inkompetent noch sonderlich gehemmt sind, sondern dass sie sich hinsichtlich ihrer Fähigkeiten zu negativ und das Publikum zu kritisch einschätzen. Der Versuch, trotz dessen einen positiven Eindruck bei Anderen zu hinterlassen und der Zweifel daran sind die Voraussetzung für die Entstehung von sozialer Angst. Die Frage nach angeborenen oder erlernten Angstreaktionen ist nicht relevant, denn auch wenn soziale Ängste zum Teil angeboren sein können, werden sie durch Umwelteinflüsse vollständig überlagert. Es ist also eher ein Problem des Ausmaßes und von Bewältigungsstrategien, beispielsweise ob die konkrete Situation als bedrohlich empfunden wird oder nicht.

Experten-Tipp

Sie können Ihr Lampenfieber besiegen und den richtigen Umgang damit erlernen, indem Sie sich auf Ihre nächste Redesituation optimal vorbereiten. Wir helfen Ihnen und erarbeiten ein gemeinsames Training, das sich an Ihre Anforderungen und Bedürfnisse richtet. Sprechen Sie uns an.

Teil1: Ursachen und Entstehung von Lampenfieber
Teil 2: Symptome und Auswirkungen von Lampenfieber
Teil 3: Strategien zum Abbau von Lampenfieber